Kann die Ernährung die Zahngesundheit gefährden?

Kann die Ernährung die Zahngesundheit gefährden?

| 25.6.2025 |

Die Ernährung beeinflusst maßgeblich unsere Mundgesundheit. Aktuelle Forschungen zeigen, dass neben Zucker auch weitere Nahrungsbestandteile und Essgewohnheiten das Risiko für Zahnerkrankungen wie Karies und Parodontitis erheblich beeinflussen. Die jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten fünf Jahre haben unser Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Ernährung und Zahngesundheit vertieft. Über den etablierten Fokus auf Zucker hinaus rücken nun auch Stärke und Säure in den Mittelpunkt der Betrachtung.

Die unsichtbaren Feinde im Mund: Stärke, Säure und ihre Auswirkungen

Eine aktuelle Studie vom Mai 2025 zeigt, dass Stärke ein ebenso kariesauslösender Faktor sein kann wie Zucker 1. Insbesondere wurde festgestellt, dass eine genetische Prädisposition (höhere Kopienzahl des AMY1-Gens, das die Speichelamylase steuert) das orale Mikrobiom beeinflusst. Bei betroffenen Personen führt der Verzehr stärkehaltiger Lebensmittel zu einer verstärkten Vermehrung von Bakterien wie Atopobium und Veillonella, die Karies und Parodontitis fördern. Dies unterstreicht die Bedeutung individueller genetischer Faktoren für die Anfälligkeit gegenüber bestimmten Nahrungsmitteln.

Säurehaltige Lebensmittel und Getränke bleiben ein zentrales Thema der Zahnerosionsforschung. Eine spanische Studie vom Januar 2025 deutet darauf hin, dass der Konsum weicher, hochverarbeiteter Lebensmittel die Kieferentwicklung bei Kindern beeinträchtigen kann 2. Kinder, die überwiegend weiche Nahrung konsumierten, zeigten engere Zahnlücken, was auf unzureichende Kieferentwicklung hindeutet. Historische Vergleiche belegen, dass harte, unverarbeitete Nahrung zu größeren Kiefern führte. Der hohe Zuckergehalt in vielen hochverarbeiteten Lebensmitteln stellt zudem einen zusätzlichen Risikofaktor für Karies dar.

Ein Signalbericht des Schweizer Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) aus dem Jahr 2023 bestätigt das hohe Zahnerosionsrisiko durch Energy-Drinks und Sportgetränke, insbesondere bei Jugendlichen 3. In-vitro-Studien belegen deren erosives Potenzial. Die Art des Konsums, wie häufiges Sippen oder Konsum während körperlicher Anstrengung, verstärkt den Kontakt der Säuren mit den Zähnen und erhöht das Erosionsrisiko. Dies verdeutlicht, dass nicht nur der pH-Wert, sondern auch die Konsumgewohnheiten entscheidend sind.

Die Rolle von Zucker als Hauptverursacher von Karies ist weiterhin unbestritten und wird durch aktuelle Studien bekräftigt 4. Ein hoher Zuckerkonsum ist zudem mit einem erhöhten Risiko für Parodontalerkrankungen verbunden, da Zucker chronisch entzündliche Prozesse begünstigt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, die Aufnahme freier Zucker auf unter 10 Energieprozent der täglichen Kalorienzufuhr zu reduzieren, idealerweise sogar unter 5 Prozent. Freie Zucker umfassen zugesetzte Mono- und Disaccharide sowie natürlich vorkommende Zucker in Honig, Sirup, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentraten. Die immensen wirtschaftlichen Kosten zuckerbedingter Zahnerkrankungen unterstreichen die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen.

Die Forschung zur veganen Ernährung zeigt ein differenziertes Bild. Während ein geringerer Konsum verarbeiteter Lebensmittel und Zucker das Karies- und Parodontitisrisiko senken kann, besteht ein erhöhtes Risiko für Zahnerosionen durch häufigen Verzehr säurehaltiger pflanzlicher Lebensmittel 5. Zudem müssen Veganer auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B12, Kalzium und Vitamin D achten, die für die Zahngesundheit essenziell sind und oft durch Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherte Lebensmittel sichergestellt werden müssen.

Die Erkenntnisse der Ernährungszahnmedizin, wie sie am Universitätsklinikum Dresden erforscht wird, betonen die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Präventionsansatzes 6. Zahnmediziner erkennen oft frühzeitig Anzeichen ungesunder Ernährung, was neue Möglichkeiten für umfassende Ernährungsberatung und die Förderung der allgemeinen Gesundheit eröffnet.

Neue Wege in Diagnostik und Prophylaxe

Die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Ernährung und Zahnerkrankungen erfordern eine Anpassung der zahnmedizinischen Praxis. Eine stärkere ernährungsbezogene Ausrichtung ergänzt die traditionelle Mundhygiene und Fluoridprophylaxe.

Individualisierte Risikobewertung: Genetische Einflüsse auf Karies durch stärkehaltige Lebensmittel 1 ermöglichen personalisierte Risikobewertung. Zukünftig könnten genetische Tests Patienten mit erhöhtem Risiko identifizieren, um gezielte Ernährungsberatung und spezifische Anpassungen des Stärkekonsums zu ermöglichen. Dies erweitert das diagnostische Spektrum und vertieft die Anamnese.

Erweiterte Ernährungsberatung: Die Bedeutung säurehaltiger Lebensmittel und Getränke für die Zahnerosion sowie die differenzierte Betrachtung der veganen Ernährung erfordern eine umfassendere Beratung. Patienten müssen über die erosiven Potenziale von Fruchtsäften, Softdrinks und Sportgetränken aufgeklärt werden, auch wenn diese als „gesund“ oder „zuckerfrei“ beworben werden 3. Entscheidend sind dabei nicht nur die Lebensmittelart, sondern auch Konsumfrequenz und -weise. Empfehlungen wie das Trinken durch einen Strohhalm, das Spülen des Mundes mit Wasser nach säurehaltigen Produkten oder das Vermeiden ständigen „Sippens“ sind signifikant. Für vegan lebende Patienten ist spezifische Beratung zu säurearmen Alternativen und ausreichender Zufuhr zahnrelevanter Nährstoffe (Vitamin B12, Kalzium, Vitamin D) unerlässlich 5. Die Integration von Ernährungsfachkräften in die Praxis oder Kooperationen verbessern die Beratungsqualität.

Prophylaxe und Remineralisierung: Die Forschung an neuen Materialien zur Remineralisierung des Zahnschmelzes gewinnt an Bedeutung. Produkte auf Basis bioaktiver Glaspartikel oder rekombinanter Proteine könnten den Zahnschmelz aktiv stärken und widerstandsfähiger gegen Säureangriffe machen. Die Aufklärung der Patienten über diese Möglichkeiten und deren korrekte Anwendung wird zur zentralen Aufgabe der Prophylaxeassistenten. Die Bedeutung eines gesunden Speichelflusses und dessen Rolle bei der natürlichen Remineralisierung sollte stärker betont werden, gegebenenfalls durch Empfehlungen zur Speichelstimulation oder Behandlung von Xerostomie.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Die Ernährungszahnmedizin unterstreicht die Notwendigkeit engerer Zusammenarbeit zwischen Zahnmedizinern und anderen Gesundheitsberufen, insbesondere Ernährungsmedizinern und Allgemeinmedizinern 6. Zahnärzte können als „Frühwarnsystem“ für systemische Erkrankungen dienen. Verbesserte Kommunikation und gemeinsame Behandlungsstrategien könnten die Mund- und die allgemeine Patientengesundheit positiv beeinflussen. Dies erfordert eine Anpassung der Ausbildungscurricula und stärkere Vernetzung im Gesundheitssystem.

Wirtschaftliche und organisatorische Auswirkungen: Die Implementierung dieser Ansätze erfordert Investitionen in Fortbildung, Diagnostik und Personal. Langfristig könnten jedoch die Kosten für aufwendige restaurative Behandlungen durch effektivere Prävention reduziert werden. Die Verschiebung des Fokus von Reparatur zu Prävention ist gesundheitlich und ökonomisch sinnvoll. Krankenkassen könnten durch Förderung präventiver Ernährungsberatung und Anerkennung neuer diagnostischer Verfahren einen wichtigen Beitrag leisten.

Innovationen für die Zahngesundheit von morgen

Die rasante Entwicklung in Wissenschaft und Technologie verspricht spannende Fortschritte für die Ernährungszahnmedizin. Der Fokus wird sich weiterhin auf präventive Strategien und personalisierte Ansätze verlagern.

Personalisierte Ernährungsstrategien: Die Integration von Omics-Technologien (Genomik, Mikrobiomforschung) ermöglicht präzisere Personalisierung. Basierend auf Erkenntnissen zur genetischen Prädisposition für Stärke-induzierte Karies 1 könnten detaillierte orale Mikrobiomprofile erstellt werden. Dies erlaubt maßgeschneiderte Ernährungspläne, die auf individuelle genetische Ausstattung und Mundflora abgestimmt sind. Studien untersuchen, wie Probiotika oder Präbiotika das orale Mikrobiom positiv beeinflussen und die Widerstandsfähigkeit gegenüber kariogenen oder parodontopathogenen Bakterien erhöhen. „Smart-Food“-Konzepte, die gezielt Inhaltsstoffe zur Förderung der Mundgesundheit freisetzen, sind vielversprechend.

Künstliche Intelligenz in Diagnostik und Beratung: KI wird die zahnmedizinische Diagnostik und Patientenberatung transformieren. KI-gestützte Systeme können große Mengen an Ernährungsdaten analysieren, Muster erkennen und Risikoprofile für Zahnerkrankungen erstellen, was frühzeitigere und präzisere Interventionen ermöglicht. Interaktive KI-Anwendungen könnten personalisierte Empfehlungsalgorithmen bereitstellen, die Patienten bei zahngesunden Entscheidungen unterstützen. Denkbar sind Apps, die den pH-Wert von Lebensmitteln in Echtzeit bewerten oder den „Zahnschmelz-Impact“ einer Mahlzeit vorhersagen.

Innovative Biomaterialien und Remineralisierung: Die Forschung an Biomaterialien wird neue Wege zur Stärkung und Reparatur des Zahnschmelzes eröffnen. Neben bioaktiven Gläsern und rekombinanten Proteinen könnten Nanotechnologien Materialien entwickeln, die den natürlichen Remineralisierungsprozess effektiver nachahmen oder übertreffen. Ziel ist es, Zähne nicht nur zu schützen, sondern bereits entstandene Läsionen minimalinvasiv zu reparieren, was die Notwendigkeit invasiver Behandlungen reduziert und die Lebensdauer natürlicher Zähne verlängert.

Prävention als Kernkompetenz: Langfristig wird die Prävention von Zahnerkrankungen durch Ernährung zur Kernkompetenz der Zahnmedizin. Dies erfordert kontinuierliche Anpassung der Aus- und Weiterbildung. Die Zusammenarbeit mit Lebensmittelindustrie und Politik ist entscheidend, um Rahmenbedingungen für eine zahngesunde Ernährung in der Gesellschaft zu schaffen, einschließlich klarer Kennzeichnungen und Reduzierung von Zucker und Säuren in verarbeiteten Produkten.

Ein Plädoyer für bewusste Ernährung

Die Mundgesundheit spiegelt die allgemeine Gesundheit wider, wobei die Ernährung eine zentrale Rolle spielt. Neueste Forschungsergebnisse zeigen detailliert, wie bestimmte Lebensmittel und Essgewohnheiten Zähne angreifen können – durch Säure, kariogene Bakterienförderung durch Zucker und Stärke oder Kieferentwicklungsbeeinflussung. Dieses Wissen befähigt uns, die zahnmedizinische Praxis zu revolutionieren und bewusstere Entscheidungen für die Mundgesundheit zu treffen. Die Zukunft der Zahngesundheit liegt in einem ganzheitlichen Ansatz, der Prävention, personalisierte Strategien und interdisziplinäre Zusammenarbeit in den Mittelpunkt stellt. Ein gesundes Lächeln beginnt im Mund, genährt durch bewusste Ernährung.

Quellen
  1. KZV Nordrhein. Stärkehaltige Nahrung kann Kariesrisiko beeinflussen. Verfügbar unter: https://www.kzvnr.de/aktuelles/news/detail/staerkehaltige-nahrung-kann-kariesrisiko-beeinflussen. Zugriff am 8. Juli 2025.
  2. CHIP. Studie: Verändert moderne Ernährung die Kieferentwicklung? Verfügbar unter: https://www.chip.de/news/Studie-Veraendert-moderne-Ernaehrung-die-Kieferentwicklung_185730205.html. Zugriff am 8. Juli 2025.
  3. Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV. Gesüsste und säurehaltige Getränke: Risiko von Zahnerosion. Signal Report F-2023-025. Verfügbar unter: https://www.blv.admin.ch/dam/blv/de/dokumente/lebensmittel-und-ernaehrung/publikationen-forschung/signal-report-getranke-zahnerosion.pdf.download.pdf/Signal_Report_Boissons_sucr%C3%A9es_et_acides_Risque_d%27%C3%A9rosion_dentaire%20DE.pdf. Zugriff am 8. Juli 2025.
  4. Reduzierung des Zuckerkonsums für eine bessere Mundgesundheit – Welche Strategien sind Erfolg versprechend? Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2021 May 20;64(7):838–846. Verfügbar unter: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC8241649/. Zugriff am 8. Juli 2025.
  5. Hopmann & Maak. Veganismus: Risiko für die Zähne? Verfügbar unter: https://www.hopmann-maak.de/aktuelles/eintrag/news/veganismus-risiko-fuer-die-zaehne/. Zugriff am 8. Juli 2025.
  6. Universitätsklinikum Dresden. Ernährungszahnmedizin – wie sich ein neues Fach am Uniklinikum entwickelt. Verfügbar unter: https://www.uniklinikum-dresden.de/de/presse/aktuelle-medien-informationen/ernaehrungszahnmedizin-wie-sich-ein-neues-fach-am-uniklinikum-entwickelt. Zugriff am 8. Juli 2025.
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    5 von 5 Sternen
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